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Banksicherheiten im internationalen Handel: Wie Händler Streit vermeiden

zusammengestellt von: Luther – Mitglied im CHKD Beraternetzwerk)

 

Im internationalen Handel kommt kein größeres Projekt ohne Banksicherheiten aus. Sie spielen eine wichtige Rolle, da sie dazu beitragen, das Risiko von Zahlungs- und Leistungsausfällen zu minimieren und das Vertrauen zwischen den Parteien zu stärken. Um diese gibt es allerdings seit einigen Jahren vermehrt Streit, was sich wegen der weltweiten Konflikte fortsetzen dürfte. Wie das im Vorfeld vermieden werden kann, erläutern die Rechtsanwälte Stephan Bausch und Stephanie Quaß von der Wirtschaftskanzlei Luther.

Banksicherheiten auf „erstes Anfordern“

Banksicherheiten sind ein Instrument, um beispielsweise Zahlungsansprüche deutscher Exporteure oder Erfüllungsansprüche ausländischer Besteller und Käufer abzusichern. Die sogenannte Bankgarantie auf „erstes Anfordern“ ist dabei das Mittel der Wahl. Sie dient der schnellen und einfachen Durchsetzung des gesicherten Anspruchs, da die Bank in diesem Fall regelmäßig nicht die Voraussetzungen des gesicherten Anspruchs prüft. Besteller und Käufer sind dabei in einer starken Position. Sie können die Bankgarantie ziehen und werden den Garantiebetrag regelmäßig innerhalb weniger Tage von der Bank ausgezahlt bekommen. Aufgrund der Unabhängigkeit der Garantie wird die Bank in der Regel keine inhaltliche Prüfung vornehmen, sondern nur den offenkundigen Missbrauchsfall ausschließen. Beansprucht der Auftragnehmer den Garantiebetrag zurück, wird er in die Klägerrolle gedrängt und muss in einem Rückforderungsprozess gegen seinen Vertragspartner darlegen, dass der Garantiefall nach den vertraglichen Vereinbarungen nicht vorlag.

Daneben kommen sogenannte Bankbürgschaften auf „erstes Anfordern“ zum Einsatz. Auch die Bankbürgschaft auf „erstes Anfordern“ bietet dem begünstigten Besteller den Vorteil der schnellen Liquiditätsbeschaffung. Bei einer etwaig notwendigen Rückabwicklung der ausgezahlten Sicherheit unterscheiden sich die beiden Sicherheiten jedoch: Bei einer Garantie steht der Rückforderungsanspruch gegen den begünstigten Besteller grundsätzlich dem Auftragnehmer und nicht der Bank zu, da die Bank bei einer selbständigen – also von der Hauptschuld unabhängigen – Garantie aus dem Vertragsverhältnis zwischen dem Besteller und dem Auftragnehmer rausgehalten werden soll. Anders ist dies bei einer Bürgschaft auf erstes Anfordern: Wegen ihrer Akzessorietät, also der Abhängigkeit der Bürgschaft von der Hauptforderung, steht der Rückforderungsanspruch gegen den Besteller der Bank als Bürgin und nicht dem Auftragnehmer zu. Daneben kann die Bank gegen ihren Vertragspartner, den Auftragnehmer, vorgehen. Sollte die Bank allerdings – wie üblich – nach Auszahlung der Sicherheit das Konto des Auftragnehmers belasten, so wird sich dieser ebenso an den begünstigten Besteller halten müssen.

Ob eine Bankbürgschaft oder eine Bankgarantie vereinbart wurde, hängt vom Parteiwillen ab, der durch Auslegung des Garantie- bzw. Bürgschaftsvertrages zu ermitteln ist. Hierbei ist Folgendes zu bedenken: Die Bankbürgschaft auf „erstes Anfordern“ spielt in Außenhandelsgeschäften eine seltenere Rolle, weil sie als Kombination von Elementen der Garantie und der Bürgschaft in ausländischen Rechtsordnungen nur selten anzutreffen ist. Der ausländische Handelspartner wird daher in der Regel die ihm bekannte Bankgarantie auf erstes Anfordern verlangen.

Worauf ist bei der Vertragsgestaltung zu achten?

Für den Auftragnehmer birgt die Beibringung einer Banksicherheit natürlich Risiken, erscheint jedoch oft alternativlos. Ihm verbleibt aber die Möglichkeit, den Vertragsinhalt in seinem Sinne zu gestalten. Dies gilt beispielsweise für den Umfang der Garantie, und zwar nicht nur hinsichtlich des Garantiebetrags, sondern insbesondere in Bezug auf die von der Garantie erfassten Leistungsfälle. So könnte der Auftragnehmer Beschränkungen verhandeln, die sein Nachbesserungsrecht als Auftragnehmer hinreichend berücksichtigen. Der begünstigte Besteller könnte damit die Bankgarantie möglicherweise erst nach (mehrfach) erfolgloser Nachbesserung in Anspruch nehmen.

Darüber hinaus ist es ratsam, länderspezifische Besonderheiten zu beachten, um das Risiko einer unberechtigten Inanspruchnahme der Banksicherheit durch den im Ausland ansässigen Käufer zu reduzieren.

Insbesondere aber ist es wichtig, die Gesamtheit der vertraglichen Beziehungen unter die Lupe zu nehmen. Welches Recht ist auf die Vertragsbeziehung zwischen Besteller und Auftragnehmer anwendbar? Welches Gericht soll international zuständig sein? Sind Schiedsgerichte zuständig? Nach welchem Recht soll sich die Beibringung der Banksicherheit richten, und welche Gerichte sollen für Streitigkeiten aus dem Sicherungsmittel international zuständig sein? Diese Fragen scheinen theoretischer, juristischer Natur zu sein, bergen jedoch ein erhebliches Risikopotenzial. Unterliegt der Liefervertrag beispielsweise kanadischem Recht und muss der deutsche Auftragnehmer dem kanadischen Besteller eine Anzahlungsgarantie (down payment bond) beibringen, die deutschem Recht unterliegt, kann es deutlich schwieriger sein, die Garantiebank innerhalb der kurzen Prüffrist vor Auszahlung der Garantie von einem Missbrauchsfall zu überzeugen.

Worauf ist im Streitfall zu achten?

Unternehmen in der Rolle des Begünstigten ist zu raten, eine Banksicherheit nicht vorschnell zu ziehen, sondern stets sämtliche Voraussetzungen aus dem Garantie- oder Bürgschaftsvertrag sowie den materiellen Anspruch aus dem zugrunde liegenden Handelsvertrag zu prüfen. Aus Sicht des Vertragspartners kann einstweiliger Rechtsschutz vor staatlichen Gerichten gegen die Bank oder den Begünstigten zweckmäßig sein, um die Auszahlung der Garantie zu verhindern. Insoweit ist stets Eile geboten, denn die Prüfung der Bank dauert häufig nur wenige Tage. Auf diesen Wegen kann ein unter Umständen kostspieliges Gerichts- oder Schiedsverfahren um die Rückzahlung der Sicherheit vermieden werden.

 

Autoren: Dr. Stephan Bausch, Stephanie Quaß

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