Kann die Konjunktur mit Hilfe des internationalen Unternehmenstransfers positiv beeinflusst werden?
Der Fachkräftemangel macht auch vor Europas stärkster Volkswirtschaft keinen Halt. Fachkräfte gelten als entscheidender Wirtschaftsfaktor, weshalb deutsche, aber auch viele internationale Unternehmen mit deutschem Standort, ihre konjunkturelle Leistung stark durch den Fachkräftemangel betroffen sehen.
Mit Inkrafttreten der EU-Entsenderichtlinie Richtlinie (EU) 2018/958 im Juli 2018 soll dieser kritischen Entwicklung in Deutschland sowie ganz Europa entgegengewirkt werden. In Deutschland traten die Änderungen am Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AentG) zum 30. Juli 2020 in Kraft. Bis auf wenige Ausnahmen gilt dann der Grundsatz „gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort“. Des Weiteren sind Verbesserungen der Arbeitsbedingungen und Beratung für ausländische Arbeitnehmer vorgesehen.
Um mehr Fachkräfte im Ausland anzulocken und den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt zu ebnen, trat das Fachkräfteeinwanderungsgesetz (FEG) in Kraft, das die gesetzlichen Regelungen für die Zuwanderung von Fachkräften aus Drittstaaten vereinfacht. Laut das Fachkräfteeinwanderungsgesetz ist Fachkraft jeder, der 1) eine Berufsausbildung in Deutschland oder eine gleichwertige ausländische Berufsausbildung absolviert hat (Fachkraft mit Berufsausbildung) oder 2) einen deutschen, einen anerkannten ausländischen/einen einem deutschen Hochschulabschluss vergleichbaren ausländische Hochschulabschluss besitzt (Fachkraft mit akademischer Ausbildung).
Zentrale Neurungen des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes sind z.B.: Der grundsätzliche Anspruch eines jeden Aufenthaltstitels auf Erwerbstätigkeit, sofern dieser nicht gesetzlich ausgeschlossen ist; Die Engpassbetrachtung in Bezug auf Mangelberufe entfällt und es gibt keine Vorrangprüfung mehr; Durch die Einführung eines beschleunigten Verfahrens für die Einreise von Fachkräften zur Arbeitsaufnahme, zur Feststellung der beruflichen Qualifikation und zur Ausbildung soll die Anwerbung von Fachkräften künftig effizienter gestaltet werden.
Mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz ergeben sich für international agierende Unternehmen neue Möglichkeiten, ausländische Fachkräfte an einem Standort in Deutschland einzusetzen. Im internationalen Konzernverbund ist dies beispielsweise mit Hilfe der ICT- („Intra-Corporate-Transfer“) und mobilen ICT-Karte flexibel möglich. Für eine begrenzte Zeit können Fachkräfte so innerhalb der EU leben und arbeiten. Im Rahmen des Unternehmenstransfers bleibt das Arbeitsverhältnis mit dem ausländischen Arbeitgeber bestehen. Somit wird der Fachkraft nach der Entsendung die Rückkehr ins Ausland und in das dort ruhende Arbeitsverhältnis unter Berücksichtigung der Ausgangsbedingungen ermöglicht und die Rückkehr als Ganzes klar geregelt.
Neben dem ausländischen ruhenden Arbeitsverhältnis, bedarf es einer Lösung, mit der die lokalen Anforderungen in Deutschland berücksichtigt werden. Demnach ist es erforderlich, dass im Rahmen einer Entsendevereinbarung oder klaren Regelungen im Arbeitsvertrag der Einsatz der Fachkraft in Deutschland festgehalten wird. Unter Beachtung der lokalen Anforderungen wird so auch der oben beschriebene Grundsatz der Chancengleichheit für alle Arbeitnehmer in Deutschland umgesetzt.
Für die Entsendung im Rahmen des Unternehmenstransfers ist es wichtig, dass die Fachkraft in besonderer Weise für den Transfer innerhalb der Unternehmensgruppe auf Grund beruflicher Qualifikationen und akademischer Abschlüsse geeignet ist. Dies wird im Antragsverfahren von den deutschen Behörden geprüft und nur wenn die Voraussetzungen aus dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz vollumfänglich eingehalten werden, beispielsweise durch die Anerkennung ausländischer Ausbildungen oder Hochschulabschlüsse, kann der Fachkraft die ICT-Karte erteilt werden.
Neben dem Unternehmenstransfer ist auch der internationale Personalaustausch eine weitere Möglichkeit, Fachkräfte aus dem Ausland in Deutschland zu beschäftigen. Möchte ein internationales Unternehmen Fachkräfte in einem neu gegründeten Standort in Deutschland entsenden, kann dies aber in der Regel nach Sicht der Behörden erst erfolgen, wenn zunächst verstärkt deutsche Fachkräfte ins Ausland entsendet wurden. Somit ist der Personalaustausch besonders für internationalen Unternehmen geeignet, die bereits einen Standort in Deutschland etabliert und bereits Mitarbeiter ins Ausland eingesetzt haben. Wie auch beim Unternehmenstransfer wird die Fachkraft zeitlich begrenzt eingesetzt und sollte nach dem Einsatz wieder ins Heimatland zurückkehren.
Die vorherige Entsendung deutscher Fachkräfte ins Ausland gilt als eine unabdingbare Voraussetzung für dem Personalaustausch und wird von den deutschen Behörde detailliert kontrolliert. Mit Hilfe spezieller Listen, die eine Aufstellung aller betroffenen Arbeitnehmer, deren Funktion und Einsatzdauer beinhalten, wird beispielsweise geprüft, weshalb die ausländische Fachkraft am Personalaustausch teilnehmen soll. Im Idealfall kommt es zu einem zeitgleichen Einsatz der deutschen Fachkraft im ausländischen Unternehmen, wobei dies, wie auch generell ein 1:1 Austausch, nicht verlangt wird.
Abschließend ist festzuhalten, dass in beiden Unternehmen der Gruppe ausreichend Fachkräfte beschäftigt sein müssen. Nur so kann der Personalaustausch für den Einsatz ausländischer Fachkräfte als wirksame Alternative zum Unternehmenstransfer gewählt werden.
Auch aus steuer- und sozialversicherungsrechtlicher Sicht ergeben sich in beiden Fällen Besonderheiten, die im jeweiligen Einzelfall noch vor Antragstellung, geprüft werden sollten. So ist ein Arbeitnehmer grundsätzlich an dem Ort sozialversicherungspflichtig, an dem er seine Arbeit tatsächlich ausübt (sog. Territorialprinzip). Um bei Entsendungen von Arbeitnehmern eine Doppelversicherung und die damit verbundene doppelte Beitragszahlung in Deutschland und im Ausland zu vermeiden, wurden mit diverse Staaten Sozialversicherungsabkommen geschlossen. Zwischen Deutschland und China wurde das deutsch-chinesische Abkommen über Soziale Sicherheit abgeschlossen. Dieses ist seit April 2002 in Kraft. Der Anwendungsbereich erstreckt sich auf die Renten- und Arbeitslosenversicherung, unabhängig von der Staatsangehörigkeit der Arbeitnehmer in beiden Ländern. Um die doppelte Beitragszahlung für Renten- und Arbeitslosenversicherung zu verhindern, müssen Voraussetzungen aus dem Abkommen erfüllt sein. Andernfalls gilt das Territorialprinzip, wonach ein Arbeitnehmer den Sozialversicherungsvorschriften des Staates unterliegt, in dem er beschäftigt ist.
Ähnlich verhält es sich aus steuerrechtlicher Sicht. Hier sollte ebenfalls eine Doppelbelastung der entsandten Person vermieden werden. Mit Hilfe von Doppelbesteuerungsabkommen, die zwischen Deutschland und mehren verschiedenen Staaten bestehen, soll diesem Aspekt Abhilfe geschafften werden. Deutschland und China haben ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen geschlossen. Wenn die chinesischen Arbeitnehmer von ihrem Arbeitgeber in China an die deutsche Betriebsstätte für einen begrenzten Zeitraum unter einer ICT oder Personalaustausch-Konstruktion entsandt werden und die Vergütungen weiterhin von dem chinesischen Arbeitgeber gezahlt und nicht von der deutschen Betriebsstätte getragen werden, sind sie in diesen Fällen normalerweise weniger als 183 Tage in ihren Heimatländern. Demzufolge sind ihre Löhne und Gehälter in Deutschland zu versteuern, während das Heimatland kein Besteuerungsrecht auf sie beanspruchen sollten.
In den verschiedenen Fällen der Entsendung ist bezogen auf die Steuer- und Sozialversicherungsbeiträge immer eine Prüfung des Einzelfalls nötig, um eine ausreichende Absicherung im Inland zu gewährleisten sowie gegebenenfalls bestehende sozialversicherungsrechtliche Ansprüche im Ausland zu behalten und gleichzeitig eine doppelte Abgaben-und Steuerlast , wenn möglich, zu vermeiden.
Ungeachtet dessen welche Form für den Einsatz von Fachkräften aus dem Ausland gewählt wird, können viele internationale Unternehmen mit Hilfe des Unternehmenstransfers oder des internationalen Personalaustauschs profitieren und ihren Erfolg in Deutschland ausbauen. Gleichzeitig kann dem Fachkräftemangel entgegengewirkt und die Konjunktur angekurbelt werden.
Handlungsempfehlungen für Unternehmen:
- Prüfen Sie, ob Ihre Mitarbeiter in den Geltungsbereich des Entgeltgleichheitsgrundsatzes fallen
- Wenn der Grundsatz der Gleichstellung zu beachten ist, überprüfen Sie die Entgeltstruktur und passen Sie sie gegebenenfalls an
- Integration der Gleichstellungsanforderungen in den gesamten Reiseprozess
- Beratung und enge Zusammenarbeit mit erfahrenen Steuerberatern und lokalen Steuerbehörden beider Länder vor und während der Entsendung für detaillierte Einzelfallanalysen